BR-Klassik | CD-Tipp

Der 1957 in Wien geborene Gitarrist Andy Manndorff gehört seit Jahren zu den Geheimtipps der europäischen Jazzszene. Er hat mit so berühmten Ensembles wie dem Vienna Art Orchestra gespielt, mit renommierten Kollegen wie Wolfgang Puschnigg, Georg Breinschmid und Dave Liebman. Er schrieb für das Künstlerhaus Wien die Oper „Larry“ und komponierte Kammermusik. Bekannt ist er vor allem den Spezialisten. Aber nun gibt es einen Grund dafür, dass sich das ändert. Mit seiner jüngsten CD „Pandora“ öffnet Manndorff eine Büchse, die keineswegs Unangenehmes über die Welt bringt – ganz im Gegenteil: spannende Gitarrenmusik voller ganz eigener Schönheiten. Pandora war eine mythologische Figur, die aus Lehm geschaffen worden war und viele Talente besaß: Schönheit, Geschicklichkeit, bezaubernde Sprache und große musikalische Begabung. Für den Gitarristen Andy Manndorff steht ihr Name vor allem für „Hoffnung“. Und mit seiner Gitarre will er Geschichten erzählen, die auch einen Hauch Ironie enthalten. Roland Spiegel stellt das Album vor.

Gleich im ersten Stück: schöne Klänge, die einen gleich gefangen nehmen. Das Stück heißt „Craving“: Sehnsucht, Begierde. Wenn sich solche Empfindungen auf diese Weise ihren Weg bahnen, dann kann man mit ihnen leben. Oder sagen wir: wenn einer wie der Gitarrist Andy Manndorff sie vertont.
Hinreißende Musik spielt er auf seiner aktuellen CD „Pandora“. Elf Eigenkompositionen, die auf ganz eigene Art Stimmungen schaffen, kleine Geschichten erzählen. Und diese Geschichten sind keineswegs Idyllen. Die Musik geht nicht die ganze Zeit in derselben Tonlage weiter. Plötzlich ändert sich die Klangwelt, Unerwartetes taucht auf, der Wohlklang bekommt einen Gegenpart.

Andy Manndorff ist ein Österreicher mit vielfältiger musikalischer Erfahrung. In den letzten Jahren knetete er am liebsten die Saiten einer im Rock-Sound jazzenden E-Gitarre. Und jetzt auf einmal ein ganzes Album ohne Strom, noch dazu auf einer klassischen Konzertgitarre mit Nylonsaiten. Ganz andere Töne. Und die beherrscht er bestens in sehr unterschiedlichen Nuancen.

Kraft und Witz zugleich haben viele der Stücke auf der CD. „Universe loves chaos“, besagt der Stücktitel, also: Das Universum liebe das Chaos. Und wenn etwas später eine Komposition namens „Say yes to the mess“ folgt, dann erkennt man gleich den funkelnden Humor dieses Musikers. Er hat diesen Humor nicht nur in den sprachlichen Titeln, sondern auch in den Tönen. Wenn er losgroovt, meint man manchmal das Augenzwinkern des Gitarristen mitzuhören. Lustvoll-vertrackt sind seine Klänge. Und man wundert sich etwas, dass das nur eine einzige Gitarre sein soll. Ist aber so. Dabei stellt sich in keinem Moment das unangenehme Gefühl ein, dass hier jemand Eindruck schinden wolle. Virtuosität ist hier nur ein Mittel, um farbenreich zu erzählen.

Das tut Andy Manndorff rundum überzeugend. Von Stück zu Stück tragen einen diese Aufnahmen weiter und machen immer noch ein bisschen neugieriger. Um dann wieder mit Klängen mitzureißen, die man einfach nur staunend genießen kann. Musik mit vielen Facetten – ganz wie die mythologische Namensgeberin der CD: „Pandora“.

Roland Spiegel – 13. März 2017

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