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Der Titel dieser CD springt einen an: „Schmidt Happens“. Da muss die Musik Einiges bieten, um nicht unter dem Anspruch des selbstgewählten Etiketts zu bleiben. Und sie enttäuscht einen nicht. Witz und Intensität haben die Aufnahmen dieses Quartetts um den in Berlin lebenden, 1967 geborenen Pianisten Andreas Schmidt. Klavier, Bass, Schlagzeug und Saxophon begegnen sich hier in ganz feinen, auf hohem aktuellem Jazzniveau gespielten Stücken. Diese Stücke sind mal elegisch, mal quirlig – und immer auf der Suche nach einem eigenen Ausdruck. Als Zuhörer ahnt man selten voraus, wie es weitergeht. Und vom Tonfall jedes einzelnen Stücks wird man überrascht.
Bis auf das Thema des Volkslieds „Es war ein König in Thule“ (von Carl Friedrich Zelter nach einer Ballade von Goethe) stammen die Kompositionen alle von Andreas Schmidt. Sie lassen in den meisten Fällen so viel Freiraum, dass die Solisten sich in aller Spannung entfalten können. Besonders ragt der Saxophonist Peter Weniger heraus. Dieser 1964 in Hamburg geborene Musiker ist einer der packendsten Blas-Instrumentalisten der deutschen Szene. Er spielt Tenor- und Sopransaxophon mit einem meist samtweichen Klang und entfesselt dabei dennoch immer Urkräfte. Wenn es zarte Vulkan-Ausbrüche gibt, dann sind die Soli Peter Wenigers welche.
Der CD-Titel ist übrigens eine Anspielung auf eine Gewohnheit des Pianisten und Bandleaders: Fast jede Woche hat er in den letzten zehn Jahren im Berliner Jazzclub A-Trane gespielt – über 500 Konzerte. Wöchentlich also „passierte“ Schmidt. Im A-Trane entstanden auch die Aufnahmen für diese CD – und zwar live, obwohl man keinen Applaus zu hören bekommt und daher Studio-Aufnahmen vermuten würde. Sie haben die Kraft von Live-Aufnahmen und die konzentrierte Schlüssigkeit von Studio-Sessions. Jazz, in dem es viel zu lauschen, zu erkunden und zu erleben gibt. Und der dabei nicht bierernst, sondern mit Selbstironie daherkommt: Eben „Schmidt Happens“.

Roland Spiegel – 22.05.09

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