Concerto

Aufgewachsen ist sie in einer musikbegeisterten Familie in Salzburg, wo sie schon im Kindesalter Chorgesang und Instrumentalunterricht genoss. An der Kunstuni Graz begann Ángela Tröndle (den Accent auf dem ersten Buchstaben hat sie sich zugelegt, weil viele ihren Namen falsch betonten) zunächst ein klassisches Schulmusikstudium, bevor sie 2003 in die Jazzabteilung wechselte und 2006 ihr Bakkalareat mit Auszeichung abschloss. „In diese 3 Jahren ist musikalisch sehr viel passiert. Ich fühlte mich ersmals wirklich zu Hause und nach einiger Zeit entwickelte sich bei mir auch außerhalb des Studiums ein sehr effektives Arbeiten, das etwas später auch zu den ersten Kompositionen führte.“

Den eigentlichen Anstoß für ihr CD-Debüt gab ein dreimonatiger Studienaufenthalt in New York: „Ich fühlte mich von den ersten Minuten an (im A-Train sitzend, nach Harlem in mein neues Zuhause fahrend) wohl. Diese Stadt ist trotz ihrer Größe und teilweise auch Armut so freundlich und lebensbejahend, so erfrischend und bunt – die erste Zeile des Titelstückes „Dedication to a city“ entstand in der U-Bahn: ‚I open my eyes and behold the diversity of mankind’“. Während dieser kreativen Zeit begegnete die Sängerin einer Vielzahl von interessanten Leuten und komponierte die drei zentralen Stücke der CD. Für die Umsetzung ihrer Kompositionen, die entweder auf eigenen (englischen) Texten oder auf Gedichten von R.M.Rilke (ebenfalls in englischer Übersetzung) basieren, hatte Àngela Tröndle ein Ensemble zur Verfügung, mit dem sie schon seit 2005 arbeitet: Siegmar Brecher (Saxophone), Stefan Heckel (Piano), Valentin Czihak (Bass) und Philipp Kopmaier (Drums). „Meine Musik mit solch tollen Musikern zu teilen ist für mich eine große Erfüllung. Mut zum Risiko und die Kommunikationsfreudigkeit jedes einzelnen bringen Momente mit sich, die das Wesen der Musik ausmachen. Es sind Momente, in denen ich das Gefühl habe abzuheben und in eine andere Sphäre einzutauchen. Musik muss für mich ehrlich sein. In meinen Kompositionen, mit meiner Stimme und im Kreise meiner Mitmusiker kann ich mich vollends ausdrücken. Und damit möchte ich Menschen erreichen.“

Ein besonderer Reiz ergibt sich aus der speziellen Rolle, die die Stimme in diesem musikalischen Mosaik einnimmt: Sie ist nicht „nur“ Transpormittel für den jeweiligen Text, sondern wird auch oft instrumental eingesetzt. So kommt es vor, dass Ángela Tröndle quasi „Teil des Bläsersatzes“ ist und dann plötzlich mit gesungenem Text vor das Kollektiv tritt. Vielleicht liegt das im Einfluss von SängerInnen wie Luciana Souza, Theo Bleckmann und vor allem Norma Winstone begründet, die die Sängerin spontan nennt, als ich sie nach den Vorbildern frage. Nicht ohne hinzuzufügen: „Vorbilder im Sinne von ,ich möchte so singen/schreiben wie XY‘ habe ich keine. Mir ist es sehr wichtig, beim Musizieren meine eigene Persönlichkeit auszudrücken, mich einzufügen in das Geschehen, aber stets meine Individualität zu bewahren.“ Alles in allem ist Ángela Tröndle mit ihrer Band hier ein erstaunlich reifes und selbstbewusstes Werk gelungen, das sich im Schwebezustand zwischen Expression und Abstraktion wohltuend vom Mainstream abhebt, wobei die Sprache für die Sängerin nur eine Möglichkeit darstellt, um Gefühle oder Stimmungen auszudrücken. „Ich liebe es, mit Sprache lediglich Anstöße zu geben, um den Gedanken dann musikalisch-klangmalerisch fortzusetzen oder auch ganz ohne Text zu agieren. Dieses instrumentale Singen, das auskomponiert, aber auch improvisiert sein kann, vergleiche ich gerne mit abstrakter Kunst: der Fantasie des Betrachters/Zuhörers sind keine Grenzen gesetzt.“

Martin Schuster – August 2007

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