Wiener Zeitung

Wen lockt heute noch der Befund hinter dem Ofen hervor, Künstler X pendle ganz tolldreist zwischen den Stilen Y und Z? Nichts wirklich Neues unter der postmodernen Sonne. Im Fall von „Eleven Electric Elephants“, dem dritten Album von Ángela Tröndle, ist dieses Irrlichtern aber jedenfalls bemerkenswert. Denn die 26-jährige Sängerin und Komponistin treibt’s auf die Spitze. Die fünfköpfige Band samt Streichquartett macht sich weniger auf den okkupierten Stilfeldern verdient als in den Sprüngen dazwischen. Resultat: Ein Zaubergarten des Unfertigen, in dem die Zäsuren zwischen Singer-Songwriting, Jazz, klassischer Kammermusik, Folklore und Gott-weiß-was-noch mehr zählen als das ins sich Geschlossene. Allein: Wo dieser Ruck der polystilistischen Pirouette ausbleibt, kann manches auch in mediokre Sphären abgleiten.
Nicht so auf der ersten Hälfte des Albums, mit seiner schwindelerregenden Summe von Einflussfaktoren: Anfangs schweben Dadadidi-Gesänge über federnden Beats, pulsiert ein harmonieseliges Klavier – als würden Alegre Corrêa und Esbjörn Svensson gleichzeitig nett Hallo sagen. Doch gleich ist Schluss mit lustig! Dann wütet ein strawinskihaftes Zornbinkerl in einem pastoralen Umfeld. Und wenig später verweist Raffiniertes auf einen Rock-Exzentriker: die verkünstelten Breaks, der Kalauer im Titel – ja, Tröndles „The Tie of the Tiger“ wäre eines Frank Zappa würdig. Und dieses Album schon allein deshalb eines ersten Reinhörens.

Christoph Irrgeher – 06.02.2010

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