Jüdische Allgemeine

[…] Nach „Nafty“ Brandwein benannt ist auch die Band „Nifty`s“ aus Österreich. Ihr aktuelles Album heißt „Naftualarasa“. Ein Wortspiel, das schon ahnen lässt, dass es hier nicht um staubige Schtettl-Romantik oder musikalische Brauchtumspflege geht, sondern um Tabularasa im besten Sinne des Wortes. Schon bei den ersten Tönen der insgesamt acht Songs wird klar: Hier geht der Punk ab!
Mit Klesmer, der alten Musik der Jidden, hat diese Musik nur noch rudimentär zu tun. Lediglich ein paar Melodiefragmente sind übrig geblieben. Vielmehr wechseln die Songs zwischen Hard-Core, Polka und Surf-Rock hin und her. Kein Wunder, dass auch der Improvisation freier Lauf gelassen wird. Das Spiel des Quintetts basiert auf fundiertem Können, den sich die Musiker vor allem in den Gefilden des Jazz erworben haben. Neben dem Band-Leader Fabian Pollack (Gitarre) taucht mit Michael Bruckner-Weinhuber noch ein weiterer Gitarrist auf. Daneben spielen Thomas Berghammer (Trompete), Dominik Grünbühel (Bass) und Mathias Koch (Schlagzeug). Zwei der Musiker (die beiden Gitarristen Fabian Pollack und Michael Bruckner-Weinhuber) sind auch Teil des Trios „Zur Wachauerin“, das sich der Interpretation von Ernst Schandl, dem Haus- und Hofkomponisten der Wachau widmet, einem Landstrich an der Donau in Niederösterreich. Die aktuelle CD heißt „in meina wöd“, zu deutsch „In meiner Welt“. Um musikalische Brauchtumspflege, wen wundert`s, geht es auch hier nicht. Fabian Pollacks jüdische Großmutter stammt aus Galizien. Die Familie kam über Hamburg nach Wien. In seiner Familie habe das Judentum keine Rolle gespielt, sagt Pollack. So erstaunt es nicht, dass Pollack erst sehr spät zum Klesmer kam, denn im elterlichen Haushalt habe es lediglich zwei Klesmer-Platten gegeben („Nifty“ Brandwein war übrigens nicht dabei). Da er als ausgebildeter Gitarrist im Jazz nie wirklich heimisch geworden sei, habe er den Klesmer für sich als passende Ausdrucksform entdeckt.
AVIVA-Tipp: Man staunt nicht schlecht über die Musik von „Nifty`s“, die man eher dem Umkreis der jüdischen New Yorker Downtown-Avantgarde zuordnen würde oder, um hiesige Bands auf hohem Niveau zu nennen, mit Daniel Kahns „Painted Bird“ oder auch Paul Brodys „Sadawi“ vergleichen könnte. Fabian Pollack erklärt, seine Band habe regelmäßig Probleme damit, dass die Musik so schwer einzuordnen ist. Dem Band-Namen nach Klesmer, ist den meisten TraditionalistInnen dieser Stoff zu „heavy“. Probleme mit der Einordnung dieser Musik gab es auch schon zu Gründungszeiten vor rund zehn Jahren. Da hieß die Band noch „Nifty`s Chuzpe“. „Aber dann“, scherzt Pollack, „hat sich ein Bandmitglied verabschiedet – und mit ihm auch die `Chuzpe`“.

Jonathan Scheiner – 27.01.2011

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