Jazzpodium

Auf dem „k.k. Wiener Canal“ bzw. „Wiener Neustädter Kanal“ brauchten Lastkähne einst Kohle aus Ödenburg (heute: Sopron) in die Metropole Wien. Baubeginn war 1797, 1803 wurde das erste Teilstück eröffnet. Der Kanal zählte über 14 Aquädukte – damals wirklich spektakuläre Bauwerke. Der erste Kanalabschnitt ist heute ein Industriedenkmal und Naherholungsgebiet. 2019 komponierte und arrangierte Markus Geiselhart, nach einer Idee von Leopold Fuhrmann, im Auftrag der Niederösterrreichischen Landesausstellung und des Viertelfestivals der Marktgemeinde Pfaffstätten diese Suite für Jazzorchester, Solo-Trompete und Sprecher als Reverenz an das Bauwerk. Der erste Teil ist dem Kanalbau gewidmet, der zweite Teil erzählt „Kanalgeschichten“. So verirrte sich Ludwig van Beethoven bei einem Aufenthalt zur Sommerfrische anno 1821 oder 1822 in Baden bei Wien auf einer Wanderung am Kanal und wurde am Ungartor in Wiener Neustadt als „Vagabund“ verhaftet. Der Trompeter Andy Haderer kommt aus Josefsthal, wo 1868 eine Messerstecherei vier lebensgefährlich Verletzte bewirkte. Geiselhart gelingt es, diese und andere historische Begebenheiten ins Heute zu holen und musikalisch abwechslungsreich zu illustrieren. Zur Bigband gehören neben Amateurmusikern aus Pfaffstätten und der näheren Umgebeung auch Profumusiker der Wiener Jazzszene. Das Lokalkolorit bleibt erhalten, ohne allzu dominant zu werden.
Große Besetzungen wechseln mit intimeren Konstellationen – regionale Geschichte mit Musik, sympathisch interpretiert.

Rainer Bratfisch – Okt. 2021

 

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