DrehPunktKultur

Keine dreißig Jahre alt ist der Welser Pianist und Komponist Johannes Berauer, der heuer für die Komposition der Visualisierten Linzer Klangwolke verantwortlich zeichnete und zeitgleich mit dem Tiny Orchestra mit „A Place To Go“ sein CD Debüt feierte. Darauf beweist Berauer, warum er zu den größten Hoffnungen der heimischen Jazz-Szene zu rechnen ist. Während sich Berauer in Österreich durch Auftragsarbeiten und Kompositionen für Streich- und Kammerorchester, Chor, Big Band und verschiedene kleinere Jazzformationen einen Namen gemacht hat und seine Musik sowohl in Europa als auch in den USA zur Aufführung gelangte, gründete er 2005 während seiner Studienzeit in Boston das Tiny Orchestra mit Ben Roseth (sax, flute), Jon Bean (tenor sax), Dan Rosenthal (trumpet), Adam Dotson (euphonium), Cory Pesaturo (accordion), Dov Manski (piano), Haggai Cohen-Milo (bass) und Sean Hutchinson (drums). Das Ensemble hat sich ganz dem modernen Jazz verschrieben und findet ihn in der Vermengung von ausgewogener Komposition und individueller Interpretation.
Dies zelebrieren die acht Musiker unter der Leitung Berauers auch auf „A Place To Go“. Schon der Opener und Titel-Track eröffnet den Silberling in leichtfüßig swingendem Big-Band-Sound, ehe sich – einem Quartett ähnlich – den einzelnen Solisten viel Raum auftut um mit sehr persönlichen Klangfarben ihren Zufluchtsort („Place To Go“) zu zeichnen. Dieses Konzept durchzieht das Album, auf „Above & Below“ und „Part III“ in treibendem Groove, auf „Dust Clouds“ in verschlungener Verträumtheit. Ein großes Hörerlebnis ist „Cosmic Dance“: Mit spärlicher Instrumentierung erscheint es aus der Weite des Kosmos, um sich zu verdichten, an Kraft aufzunehmen, sich mit soliden Beinen auf die Erde zu stellen und am Schluss doch wieder in die Weite des Klangraumes zu entschwinden.
Fehlt es „A Place To Go“ zwar bisweilen an großen Melodien und einschneidenden Themen, so versteht es Johannes Berauer umso mehr mit Klangfarben und gefühlsbetonten Bildern zu arbeiten. Das Tiny Orchestra füllt dabei die eröffneten Räume mit Souveränität und ausdrucksstarkem Spiel aus und komplettiert in Interpretation und Variation das Gesamtwerk. Ein hoffnungsvolles und hörenswertes Debüt – der Name Johannes Berauer sollte nicht nur von heimischen Jazzliebhabern auf die „Watchlist“ genommen werden!

Oliver Baumann – 29.10.2008

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