Jazzpodium

„Free Jazz“ ist der Titel eines Stückes, das wie die anderen der CD „c.o.d.e.“ Erinnerungen an die Geburt des freien Jazz Anfang der 60er Jahre weckt. Ken Vandermarks Bassklarinetten-Spiel nähert sich den Akkord-Stakkati des 1964 gestorbenen Eric Dolphy, Max Nagls Altsaxophon den Eruptionen Ornette Colemans. Vor dem pulsierenden Schlagzeug von Wolfgang Reisinger und einem variablen, teils verfremdet gestrichenen Bass des Australiers Clayton Thomas umspielen die beiden Blasinstrumente einander, duellieren sich, explodieren überblasen oder vibrieren in anscheinend sanften Soli. Soundfetzen vernetztn sich in freien Passagen folgen swingenden, mehrstimmigen Duos, die der Bassist mit sparsamen Akkordeinwürfen unterlegt und die Reisinger mit „pulse“akzentuiert.
„c.o.de.“ ist ein Tribut an zwei Zentralgestirne der Jazzgeschichte: an Ornette Coleman und Eric Dolphy, die beide die stilbildende Einspielung „Free Jazz“ aus dem Jahr 1960 mit geprägt haben. Von anarchie und Chaos, die damals mit dem Begriff Free Jazz verbunden waren, kann bei „c.o.d.e.“ nicht die Rede sein. Von Freiheit und Subjektivität dagegen viel. Einige Soli, wie das des Bassisten in „Something sweet, something tender“ wirken geradezu klassische, die mehrstimmigen Duos der Bläser wie in „Miss Ann“ klingn sehr vertraut. Die schnellen, explosiven und ungebundenen sowie die sanften kammermusikalischen Interaktionen belegen, dass das Quartett mitreißend aufregenden freien Jazz spielen kann, indem es den Free Jazz von damals dialektische bewahrt, überwindet und auf eine neue Stufe hebt – siehe „Researching has no limits“, dessen Interpretation allein schon den Kauf diese CD lohnt.
Nagl, Vandermark, Reisinger und thomas werden den Kompositionen, die alle von Coleman und Dolphy stammen, überzeugend gerecht.

Klaus Mümpfer – Oktober 2009

 

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